Seit die Stadtspitze im September von ihrer bisherigen Haltung, der Döppersberg-Umbau sei ohne weitere zusätzliche städtische Mittel realisierbar, abrupt Abstand genommen hat und plötzlich eine neue Rechnung in Höhe von rund 36 Millionen zusätzlicher Mehrkosten präsentierte, ist der Streit um das bedeutendste Stadtentwicklungsprojekt im Tal in vollem Gange. Mittlerweile liegen auch weitere Informationen vor, die ein genaueres Bild von den finanziellen Auswirkungen eines Umbau-Verzichts, den genauen Gründen für die Verteuerung und die konkrete Gestaltung des Investorengebäudes zeigen. Vor diesem Hintergrund habe ich gemeinsam mit vielen weiteren grünen Mitgliedern einen Antrag für die Kreismitgliederversammlung erarbeitet und eingebracht, der am 08.11.2013 umfassend beraten und dann einstimmig verabschiedet wurde. Im Kern geht es um ein Bekenntnis zum Projekt Döppersberg, allerdings werden für eine Zustimmung zu den Mehrkosten klare Bedingungen mit Blick auf Transparenz, künftige Kostenkontrolle und Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger gestellt. Konkret wurden sechs Forderungen verabschiedet:
- Beauftragung eines externen Finanzgutachters, der die neue Kostenkalkulation überprüfen soll, um die aufgezeigten Risiken besser beurteilen zu können;
- Über die Verkehrsführung während der Bauzeit (z. B. Sperrung der B7) sollen die Bürgerinnen und Bürger entscheiden.
- Um das Projekt Döppersberg und die dort zu schaffenden neuen Einzelhandelflächen zu stärken wird auf eine zusätzliche Erweiterung der Einzelhandelsflächen in Elberfeld verzichtet. Der Platz am Kolk soll stattdessen zu einem Bürgerpark umgestaltet werden.
- Es wird eine Potential-Analyse der Elberfelder und Barmer Innenstädte durchgeführt, um die städtischen Zentren besser stärken zu können.
- Der Beschluss über die Kostenerhöhung soll vertagt werden
- Einführung eines kontinuierlichen und verständlichen Berichtwesens und einer neuen Öffentlichkeitsstrategie, so dass alle Bürgerinnen und Bürger aktuell Einblick über den Stand des Umbaus erhalten.
Klar ist, dass die momentan verfahrene Situation in erster Linie dem immensen Vertrauensverlust in Folge der katastrophalen Informationspolitik der Stadtspitze geschuldet ist. Daher müssen vor einer Entscheidung über die Fortführung der Umbau-Maßnahmen erst die oben formulierten Bedingungen erfüllt sein, da ansonsten der Vertrauens- und Akzeptanzverlust in die Planungen nicht rückgängig gemacht werden kann und der Umbau auch bei einer Fortführung von heftigen Debatten flankiert werden würde.
Der Beschluss der MV vom 07.11.2013 in voller Länge:
Den Döppersberg-Umbau transparent und bürgernah gestalten
Der Döppersberg-Umbau stellt das größte und wichtigste städtebauliche Projekt der Gegenwart in unserer Stadt dar. Dabei geht es im Kern darum, die Bausünden bei der Verkehrsplanung der 1960er Jahre zu korrigieren, in deren Mittelpunkt der absolute Vorrang des Autos vor allen anderen VerkehrsteilnehmerInnen stand. Diese Konzeption, die folgerichtig die Fußgängerinnen und Fußgänger unter die Erde verfrachtete, keine Rücksicht auf die Barrierefreiheit nahm, den Öffentlichen Personennahverkehr an den Rand drängte, dem Fahrradverkehr überhaupt keine Aufmerksamkeit mehr zollte und auch ansonsten wenig innerstädtische Aufenthaltsqualität schuf, dominiert bis heute den Hauptverkehrsknotenpunkt unserer Stadt und somit auch den ersten Eindruck, den man erhält, wenn man mit der Bahn in unserer Stadt ankommt.
Die einzelnen Bestandteile des Umbaus nach bisheriger Projektplanung haben in der Summe eine deutliche Verbesserung der Lebens- und Aufenthaltsqualität in der Innenstadt zum Ziel und sollen gleichzeitig eine spürbare Stärkung des Einzelhandels bewirken.
Dabei handelt es sich insbesondere um folgende Bestandteile des Projektes:
- Deutliche Verbesserung der Verkehrssituation für FußgängerInnen durch einen oberirdischen und direkten Zugang vom Hauptbahnhof in die Elberfelder Innenstadt;
- erkennbare Aufwertung des Öffentlichen Personennahverkehrs durch einen neuen Busbahnhof;
- Schaffung eines Fahrradabstellplatzes, um auch bei diesem Verkehrsprojekt das Ziel einer „Fahrradstadt Wuppertal“ weiter vorantreiben zu können;
- Reaktivierung der Wupper als erfahr- und sichtbare Lebensader für die Stadt durch einen direkten innerstädtischen Zugang und
- Schaffung neuer Aufenthaltsmöglichkeiten in der Innenstadt durch den Wupperpark.
Gerade aufgrund der oben angeführten Maßnahmen haben die Grünen sich in der Vergangenheit stets sowohl als Kreisverband als auch als Fraktion im Rat ausdrücklich für das Vorhaben ausgesprochen.
Gleichwohl ist der Döppersberg-Umbau als Projekt in der Bevölkerung hochumstritten. Das ist nicht zuletzt auf die katastrophale Kommunikationsstrategie und die fehlende Transparenz seitens der Stadtspitze in Person des Oberbürgermeisters zurückzuführen.
Aufgrund der langen Planungszeit war schon seit Längerem damit zu rechnen, dass es zu Kostensteigerung kommen würde, daher ist es umso unverständlicher, dass der OB noch im März dieses Jahres in seiner Online-Kolumne “Auf ein Wort“ davon sprach, die im Jahr 2010 beschlossene Deckelung der städtischen Kosten für den Umbau gelte weiterhin, so dass Mehrkosten definitiv innerhalb des Projektes durch Umschichtungen und Verzicht auf Einzelmaßnahmen aufgefangen werden müssten. Bereits zu diesem Zeitpunkt hätte erkennbar sein müssen, dass erstens die Mehrkosten einen vertretbaren Rahmen über-schreiten würden und zweitens diese nicht ohne Verlust der städtebaulichen Qualität und somit möglichen Verzicht auf die Landesmittel im Projekt selbst aufgefangen werden können.
Viel zu lang sind die Planungen an den Menschen, die von den Auswirkungen betroffen sind, vorbei betrieben worden. Entscheidungen wie die Sperrung der B7 zur Verkürzung der Bauzeit um zwei Jahre müssen zwingend ausführlich und ergebnisoffen mit den Betroffenen diskutiert werden. Dass unmittelbar mit der Präsentation der Idee der Eindruck erweckt wurde, es gäbe dafür bereits eine politische Unterstützung durch die große Koalition, schürt nur die weitere Unzufriedenheit mit der Kommunikation, die sich unmittelbar auch auswirkt auf die Akzeptanz für das Vorhaben insgesamt.
Oberbürgermeister und Stadtkämmerer haben mittlerweile öffentlich Fehler eingestanden. Dieses Eingeständnis und ein paar Veränderungen in der Vermarktung des Projektes werden aber nicht ausreichen, um wieder eine mehrheitliche Zustimmung zu diesem für die Stadt so wichtigen Projekt zu bekommen. Es bedarf daher externen Sachverstandes, um die heute kalkulierbaren Gesamtkosten für den Umbau zuverlässig so zu untermauern, dass zukünftig verlässliche und transparente Entscheidungen wieder ermöglicht werden. Unter diesen Bedingungen erscheint uns heute eine Zustimmung für eine Erhöhung des städtischen Anteils um zusätzlich 34,9 Millionen Euro vertretbar zu sein, um das Gesamtprojekt nicht zu gefährden.
Die derzeitige öffentliche Fokussierung auf die möglichen negativen Auswirkungen des Umbaus in den nächsten Jahren verstellt den Blick auf den dauerhaften städtebaulichen und verkehrlichen Nutzen, den das Projekt mit sich bringt. Daher bedarf es eines deutlich anderen Vorgehens, als es in den vergangenen Jahren unter Oberbürgermeister Jung und Kämmerer Slawig betrieben wurde, um wieder Zustimmung für den Umbau und Vertrauen in die Handlungen der Entscheidungsträger zu erhalten.
Die grüne Mitgliederversammlung beauftragt die grüne Fraktion im Wuppertaler Stadtrat, folgende Forderungen in den Rat einzubringen:
- Der von der Wuppertaler Stadtverwaltung zur November-Sitzung des Rates vorgelegte aktualisierte Gesamtkostenrahmen wird von einem unabhängigen Finanzgutachter überprüft, der gemeinsam mit der Industrie- und Handelskammer ausgewählt wird. Dabei sollen insbesondere die im Gutachten Hasselmann und Müller benannten weiteren Risiken zusätzlich bewertet werden.
- Über die Frage der Verkehrsführung und alternativer Verkehrskonzepte während der Bauzeit, die auch den Öffentlichen Nahverkehr mit einbeziehen, entscheiden die Bürgerinnen und Bürger. Hierfür soll in einem ersten Schritt ein Bürgergutachten durch das sogenannte Planungszellen-Verfahren erstellt werden. Das Ergebnis dieses Verfahrens wird den Bürgerinnen und Bürgern im Rahmen eines vom Rat initiierten Ratsbürgerentscheides oder einer Bürgerbefragung nach Kölner Vorbild zur Entscheidung vorgelegt. Der Rat soll weiterhin erklären, dass er das Ergebnis als politisch bindend betrachtet.
- Die Entwicklung des Investorengebäudes und der dort entstehenden Einzelhandelsflächen ist ein wichtiger Baustein des Gesamtprojektes, daher muss auf Projekte innerhalb der Elberfelder Innenstadt verzichtet werden, durch die zusätzliche Einzelhandelsflächen geschaffen werden sollen. Stattdessen muss auch verstärkt in die Aufenthaltsqualität des Zentrums investiert werden. Daher soll der Platz am Kolk zu einem Bürgerpark umgestaltet werden.
- Der Rat soll die Verwaltung beauftragen, eine Potential-Analyse für den Einzelhandel in Elberfeld und Barmen in Auftrag zu geben. Dabei müssen insbesondere Maßnahmen, die eine Verbesserung der Funktionsfähigkeit von schwachen Einkaufsbereichen in den Zentren ermöglichen können, erarbeitet werden.
- Der Ratsbeschluss über die Festlegung der Gesamtbausumme auf 140 Mio. € wird vertagt. Die Verwaltung soll beauftragt werden, das bereits ausgeschriebene Los „Tiefgarage und Mall“ mit Baukosten von ca. 30 Mio. € in Auftrag zu geben, damit sich die Laufzeit des Gesamtprojektes nicht um Jahre verlängert.
- Ab sofort werden die Mitglieder der Baubegleitkommission regelmäßig (mindestens monatlich) über den Stand der ausgegebenen Mittel und der abgerufenen Fördergeldern in Kenntnis gesetzt. Hierfür soll die Verwaltung ein Konzept für ein verständliches, dauerhaftes und regelmäßiges Berichtwesen erarbeiten und dem Rat vorlegen. Das Berichtswesen soll auch eine Prognose zur weiteren Projektumsetzung beinhalten. Die Verwaltung stellt durch eine professionelle Öffentlichkeitsarbeit sicher, dass alle Menschen in Wuppertal fortlaufend über den Stand des Projektes und anstehende Maßnahmen informiert werden.