Von Nullnummern und Luftbuchungen

In der Sitzung des Rates am 18. November wurde abschließend über den Haushaltsentwurf für die Jahre 2014 und 2015 beraten. Nach der obligatorischen Haushaltsrede unseres Fraktionsvorsitzenden Peter Vorsteher kam mir die Aufgabe zu, in der zweiten Debattenrunde Stellung zu beziehen zu den Haushaltsanträgen der anderen Fraktionen und den Ergebnissen der beiden Phasen zur Bürgerbeteiligung, die dem Rat von der Verwaltung vorgelegt wurden:

Herr Oberbürgermeister,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

Ich möchte zu drei Haushalts-Punkten noch etwas sagen.

Der erste Punkt betrifft den gemeinsamen Haushaltsantrag von CDU und SPD, der aus unserer Sicht an vielen Stellen eine Aufzählung von Nullnummern und Luftbuchungen ist. Das möchte ich kurz an den einzelnen Punkten nachweisen. Der erste Punkt ist der Ausbau von Betreuungsplätzen für unter Dreijährige. Da loben Sie sich an der Stelle selbst, denn der Rat hat das bereits beschlossen. Das kann man machen, das ist aber keine inhaltlich hinterlegte oder festgelegte Forderung für einen Haushaltsantrag, sondern eine Nullnummer. Die konkrete Forderung, nämlich den zusätzlichen Ausbau, hinterlegen Sie letztlich hinterher nur mit einem Vorgriff auf eine Beteiligung des Bundes an den Kosten der Eingliederungshilfe, die in dieser Form noch nicht beschlossen ist, also in dieser Hinsicht eine Luftbuchung.

Der zweite Punkt ist noch abenteuerlicher und darauf wollte ich hinweisen, da ich im Schulausschuss an dieser Debatte teilgenommen habe, nämlich die Frage des Ausbaus der Offenen Ganztagsgrundschulplätze. Wir haben im Schulausschuss eine Vorlage der Verwaltung zum Ausbau von hundert zusätzlichen Plätzen vorgelegt bekommen. Einmalig hundert zusätzliche Plätze. Da uns das nicht reichte hat dann der Ausschuss auf der Grundlage eines grünen Ergänzungsantrages gesagt: wir wollen mehr als das, wir wollen 1.000 Plätze zusätzlich in fünf Jahren. Das hat der Ausschuss dann als Prüfauftrag beschlossen und die Verwaltung aufgefordert zu prüfen, wie das ermöglicht werden kann. Nachdem dieser Prüfauftrag vorgelegt wurde hat dann der Rat den entsprechenden Beschluss gefasst. Das heißt: Wir haben als Rat ausdrücklich gegen das, was uns von der Verwaltung vorgelegt wurde, gesagt, wir sind selbstbewusst und wir fordern mehr. Das war ein politischer Beschluss und ich finde, wir könnten uns an der Stelle zwar selber loben, aber man muss es nicht begrüßen, dass die Verwaltung das umgesetzt hat, was wir gegen ihre eigene Auffassung beschlossen haben.

Dann kommt Punkt drei: sie fordern, dass es zu einer Beteiligung des Bundes bei der Eingliederungshilfe kommen soll. Das ist keine Haushaltsforderung, das ist eine Resolution. Eine solche Resolution hat der Deutsche Städtetag bereits in diesem Monat beschlossen und ich glaube, die Stadt Wuppertal ist Mitglied dieses Städtetages, insofern ist das an der Stelle redundant. Warum also dieser Punkt drei? Das ist ganz einfach: im Grunde gibt es in diesem Antrag kein einziges Instrument, das sie haben, um ihre Versprechungen zu finanzieren. Sie setzen einfach das Prinzip Hoffnung und versprechen Geld, das Sie noch gar nicht haben. Eigentlich ein klarer Fall für Peter Zwegat von RTL.

Zu Punkt vier, zu den Entgelten für soziale Leistungen, die eigentlich dem Grunde nach pflichtige Aufgaben sind, hat Peter Vorsteher gerade schon etwas gesagt, diesen Vorschlag begrüßen wir ausdrücklich. Wir würden uns allerdings auch wünschen, das hat er auch gesagt, dass die Steigerungen der Entgelte auch in den nächsten Jahren über diesen Haushalt hinaus dynamisch angepasst werden.

Zu den Vorschlägen unter Punkt fünf, die Straßen: Ja, unsere Straßen bedürfen dringend einer Sanierung. Zwei Millionen Euro aus Mehrerlösen der allgemeinen Investitionspauschale allein in den Straßenbau zu investieren ist aber aus unserer Sicht nicht nachhaltig. Wir sehen einen ebenso großen Bedarf bei den Radwegenetzen, um Wuppertal – und der Oberbürgermeister hat das jetzt auch in sein Repertoire aufgenommen – als Fahrradstadt wirklich voranzubringen. Wir hätten uns auch gewünscht, dass es hierzu einen Hinweis gibt, das ist nicht erfolgt.

Insofern ist Ihr gesamter Antrag in weiten Teilen Blendwerk: keine klare Priorität, keine Strategie, und wenn wirklich etwas Neues in Aussicht gestellt wird, agieren Sie mit ungedeckten Schecks. Bis auf Punkt vier kann dieser Antrag aus unserer Sicht keine Zustimmung finden.

Anträge zur Fortführung der Schulsozialarbeit
Dann möchte ich noch zu dem Punkt Schulsozialarbeit kommen, weil es hierzu ja auch Anträge gibt, die beraten werden sollen, und muss sagen, dass ich es schon erstaunlich finde, dass sich die F.D.P. da jetzt hervorwagt. Denn ganz ehrlich: wir haben im letzten Jahr bereits eine Resolution im Rat verabschiedet, an der alle Fraktionen im Rat beteiligt waren, in der wir die Weiterführung der Schulsozialarbeit fordern. Die einzige Fraktion, die sich verweigert hat, war die F.D.P.. Sie haben sich da einfach in die Büsche geschlagen. Jetzt rauszukommen und so zu tun, als seien Sie die einzigen Kämpfer für den Erhalt der Schulsozialarbeit, das finde ich schon sehr merkwürdig und das finde ich auch nicht glaubwürdig. Wir haben uns ganz entschieden für den Erhalt der Schulsozialarbeit ausgesprochen: als Zweckverbandsversammlung der Bergischen VHS haben wir das schon zu Beginn angesprochen und gefordert, dass dieses Programm langfristig weitergeführt werden muss und die Kommunen nicht alleine gelassen werden dürfen. Wir haben als Rat eine Resolution gefasst, die Sie nicht mit unterstützt haben. Und wir haben im Schulausschuss eine Evaluation der Uni Wuppertal zur Auswertung der Schulsozialarbeit in Wuppertal vorgelegt bekommen, beraten und begrüßt und dann an die entsprechenden Abgeordneten weitergeleitet, damit diese ebenfalls wissen, wie wichtig die Schulsozialarbeit ist. All das haben wir getan und ich glaube, wir müssen uns da auch wirklich nicht den Vorwurf gefallen lassen, es mit den Bemühungen für den Erhalt nicht ernst zu nehmen. Das richtet sich dann auch an die Adresse der Linkspartei, die jetzt noch einmal eine Resolution nachschiebt, die uns an dieser Stelle auch nicht weiter bringt. Und auch ihr Antrag, in dem Sie fordern, nicht verausgabte Mittel aus dem Bundesprogramm aus dem Jahr 2011 für eine befristete Weiterfinanzierung zu verwenden, läuft ins Leere; wir haben bereits im Sommer dieses Jahres eine entsprechende Anfrage an die Fachverwaltung gestellt, in der wir wissen wollten, was mit den Restmitteln geschehen ist? Die Verwaltung hat geantwortet: Wir mussten diese Restmittel aus 2011 anderweitig im Bereich der Jugendhilfe verwenden, denn wenn wir sie nicht verwendet hätten, wären sie aufgrund der Haushaltssituation nicht mehr verfügbar gewesen. Jetzt zu behaupten, man könne mit diesen Mitteln, die ja weg sind, noch irgendetwas machen, um den Erhalt weiterhin sicherzustellen, ist wider besseren Wissens, denn Sie kennen die Antwort der Verwaltung ja auch.

Bürgerbeteiligung bei der Haushaltsberatung
Und das letzte, was ich noch sagen wollte, bezieht sich auf die Vorschläge der Bürgerinnen und Bürger zu diesem Haushalt. Die haben wir zur Kenntnis genommen, wir haben uns mit ihnen beschäftigt und haben einen Teil daraus in unsere Haushaltsanträge übernehmen können. Wir möchten uns bei den Bürgerinnen und Bürgern für ihre Vorschläge bedanken. Wir bedanken uns auch bei der Firma Ontopica für die technische Umsetzung des Online-Forums. Leider entsprach die Beteiligung nicht den Erwartungen, die Politik und Verwaltung in das Vorhaben gesetzt haben.

Während die Verwaltung die Komplexität des Haushaltes als Begründung für die geringe Teilnahme anführt, glauben wir, dass die Art und Weise, wie das Vorhaben umgesetzt wurde und die zeitliche Abfolge wesentlich Anteil daran hatte, dass dieser Schuss weitestgehend nach hinten los ging.
Es gab zum einen eine vorgelagerte Phase der Bürgerbeteiligung, die als große Innovation verkauft wurde, da man bereits vor der Veröffentlichung des Haushaltsentwurfes eine Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger vorschaltet. Die dort eingebrachten Vorschläge und Ideen sind dann aber leider gar nicht in den tatsächlichen Haushaltsplanentwurf eingeflossen. Vielmehr haben wir als Fachausschüsse erst Monate später diese Vorschläge mit der Bitte vorgelegt bekommen, sie zu beraten. Und man muss bei der Fehlersuche auch erwähnen, dass die Fixierung auf Online-Instrumente dazu führte, dass es kaum Eingaben gab, die aus Veranstaltungen außerhalb des Internets, also „im wahren Leben“, hervorgingen.
Auch die Art, wie die Ergebnisse der Politik vorgelegt wurden, ist nicht geeignet, um erfolgversprechend von der Politik aufgegriffen zu werden. Das ist ausdrücklich keine Kritik an der Arbeit der Bürgerinnen und Bürger. Aber wenn zum Beispiel der Bericht aus der zweiten Beteiligungsphase, die Anfang Oktober beendet wurde, bis Ende vergangener Woche nicht vorlag, obwohl die Vorlage mit dem Erstellungsdatum 21.10. versehen ist, kann eine vernünftige Beschäftigung mit den Eingaben aus unserer Sicht nicht erfolgen.
Wir werden als Fraktion in den nächsten Tagen unsere Stellungnahmen zu den einzelnen Vorschlägen veröffentlichen. Wir können leider zu der Verwaltungsvorlage kein positives Votum geben, da die Art der Präsentation es nicht ermöglicht, ihr zuzustimmen. Da wir die Anregungen der Bürgerinnen und Bürger aber auch nicht ablehnen wollen, werden wir an der Abstimmung zu diesem Punkt nicht teilnehmen.

Vielen herzlichen Dank.

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