Koan Oktoberfest in Barmen

Bayern, das Land der Berge, Täler und Seen, das Land von Brezeln, Weißwurst, Haxn und Blasmusik, von Laptops und Lederhosen, Weizen und Goaßlschnalzen. Das bayerische Brauchtum strahlt eine enorme Faszination und Anziehungskraft aus und ist doch den meisten im „Norden“ eher fremd. Wer sich dieser Begeisterung nicht entziehen kann, plant bereits Wochen im Voraus seinen Kurzurlaub zum Nürnberger Weihnachtsmarkt (wobei mir der Unterschied zwischen Bayern und Franken durchaus bewusst ist) oder den Münchener Wiesn, wo Jahr für Jahr sechs Millionen Menschen das Oktoberfest besuchen.

Nicht nur in Deutschland ist das Oktoberfest außerordentlich beliebt, auch in anderen Ländern werden Volksfeste nach bayerischem Vorbild gefeiert, so z. B. in China, Brasilien, Kanada und den USA. Das Oktoberfest ist also auch ein Exportschlager. Und wie so oft treten dort, wo Erfolg ist, auch Nachahmer auf den Plan, deren vorderstes Ziel es ist, mit einer erfolgreichen Idee und wenig Aufwand möglichst viel Profit zu machen. So trat ein Unternehmer aus Bayern im April dieses Jahres an die Stadt Wuppertal heran mit der Idee, auf dem Rathausvorplatz ein Zelt für ca. 2.000 Gäste aufzustellen, um ein öffentliches Oktoberfest in Wuppertal als jährlich wiederkehrende Tradition einzuführen, wobei der Platz inklusive Auf- und Abbau insgesamt neun Tage komplett belegt wäre. Als Grund, warum ausgerechnet die Stadt Wuppertal ausgewählt wurde, nannte der Veranstalter:

„Da in Deutschland die großen Städte ein eigenes Oktoberfest bekommen – Köln hat schon ein sehr großes Fest, Dortmund hat letztes Jahr auch eins bekommen und deshalb haben wir gedacht Wuppertal als Weltbekannte Stadt sollte auch eins bekommen.“

Nun denn!

Da die Genehmigung dieses einzigartigen Events in der Verantwortung der Barmer Bezirksvertretung lag, haben wir das vorgelegte Konzept, das insgesamt eine DIN A4-Seite umfasste plus einer Zeichnung, die den Umfang des Zeltes auf dem Platz darstellte, intensiv studiert. Nach eigener Aussage basiert das Konzept der Veranstaltung auf dem eigentlichen Vorbild in München:

„Wir haben eine Band aus Süddeutschland und in den Pausen unterhält unser DJ die Gäste mit guter Laune Musik und mit Oktoberfestmusik, auch haben wir vor der Bühne eine kleine Tanzfläche die am Abend mehr als gut benützt wird. Wir servieren unser, nur für uns gebrautes Bier, in Maßkrügen oder 1/2l und die Bedienungen sind in Lederhosen und Dirndl angezogen, auch die leichte Dekoration im Zelt ist Blau/Weiß. Wir servieren leichte Gerichte wie Bayrische Würstchen, 1/2 Händl und Schnitzel“

Wie das dann in der Realität aussieht, kann man hier in einem Video des Veranstalters sehen:

Nun kann jeder seine eigene Meinung dazu entwickeln, ob es sich hierbei um eine Veranstaltungsart handelt, die man unbedingt braucht, um sich positiv von anderen Städten abzuheben. Oktoberfest-Events gibt es in vielen großen Einrichtungen in Wuppertal, so dass es eigentlich keine Unterversorgung an entsprechenden Veranstaltungsangeboten gibt. Dass diese Feiern oft so viel mit dem echten Münchener Oktoberfest gemeinsam haben wie Uli Hoeneß mit Steuerehrlichkeit, sei dabei nur am Rande erwähnt. Wer aber, wie die SPD in der Bezirksvertretung behauptet, die Entscheidung der BV gegen das Fest sei ohne Kenntnis des Konzeptes und auf der Grundlage unehrlicher Argumente getroffen worden, scheint sich das „Konzept“ des Veranstalters selber nicht wirklich aufmerksam angesehen zu haben. Im Prinzip teilen wir alle den von den Sozialdemokraten in einer Pressemitteilung erwähnten Grundsatz: „Wir wollen eine belebte Innenstadt mit ansprechenden Veranstaltungen“, es scheint aber dann in letzter Konsequenz doch grundsätzlich unterschiedliche Auffassungen darüber zu geben, was „ansprechende Veranstaltungen“ sind und was nicht.

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