Leitfaden kommunale Bürgerbeteiligung

Bislang stellt Bürgerbeteiligung für die Verwaltungsspitze in Wuppertal ein Experiment dar, ohne dass die bereits vorhandenen Erfahrungen ausgewertet und weiterentwickelt wurden. Das wollen wir ändern. Deshalb fordern wir die Verwaltung in einem Antrag für die Ratssitzung am 16.12.2013 auf, einen Leitfaden zu entwickeln, wie zukünftig die Bürgerinnen und Bürger in Wuppertal in die politischen Beratungen mit einbezogen werden können, damit Partizipation in unserer Stadt ein selbstverständlicher Bestandteil der politischen Entscheidungsprozesse bei wichtigen Vorhaben in unserer Stadt wird.

Antrag an den Rat der Stadt am 16.12.2013

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beantragt, der Rat der Stadt Wuppertal möge beschließen:

1. Der Rat der Stadt Wuppertal sieht in der Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an der Politik einen wichtigen Beitrag zur Stärkung der kommunalen Demokratie. Um in Zukunft eine zielgerichtete und effektive Bürgerbeteiligung zu ermöglichen, müssen die bisher durchgeführten Projekten auf ihre Wirkung, Offenheit, Verständlichkeit und Sinnhaftigkeit untersucht werden.

Deshalb wird die Verwaltung beauftragt, mit wissenschaftlicher Begleitung die in den letzten zwei Jahren in Wuppertal von der Stadt durchgeführten freiwilligen Beteiligungsverfahren zusammenzustellen und diese unter Berücksichtigung folgender Aspekte auszuwerten:

    • Art und Umfang des Beteiligungsverfahren (zeitliche Dauer, Phasen der Beteiligung, Verhältnis zwischen Online- und Präsenzbeteiligung)
    • Wirkungsbereich des Themenspektrums (gesamtstädtisch oder räumlich begrenzt)
    • Art der begleitenden Öffentlichkeitsarbeit
    • Höhe der Beteiligung / Zahl der eingegangenen Anregungen und Kommentare zu bestehenden Vorschlägen
    • Art der Veröffentlichung der aus dem Prozess hervorgegangenen Bürger*innenvorschläge
    • Einbeziehung der politischen Gremien
    • Umsetzung der Vorschläge (wie viele Anregungen / Ideen wurden konkret umgesetzt? Wie wurden politische Beschlüsse in Folge der Bürgerbeteiligung verändert
    • Welches Feedback gab es an die Bürgerinnen und Bürger? Welche Informationen über den Umgang mit den Vorschlägen erhielten sie?
    • Welche Verbesserungen sind sinnvoll, um eine höhere Beteiligung an den Verfahren und eine stärkere Einbeziehung der eingebrachten Vorschläge in die konkreten politischen Entscheidungen zu erzielen?

2. Auf Grundlage der Evaluation wird die Verwaltung beauftragt, Leitlinien zur Bürgerbeteiligung in Wuppertal zu entwickeln. Sie sollen Politik, Verwaltung und Bürgerschaft als Leitfaden für klare und transparente Beteiligungsprozesse dienen und dafür sorgen, dass Partizipation in unserer Stadt ein selbstverständlicher Bestandteil der politischen Beratungsprozesse wird. Enthalten sein sollen Vorgaben zur frühzeitigen Information der Öffentlichkeit, damit aus der Bürger*innenschaft heraus Initiativen für Beteiligungsverfahren entwickelt und von der Stadt unterstützt werden können. Außerdem soll das Konzept eine Regelung vorgeben, wie die beteiligten Bürgerinnen und Bürger eine qualifizierte Rückmeldung zur Umsetzung ihre Vorschläge erhalten.

3. Die Leitlinien sollen gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern erarbeitet werden. Außerdem sollen Möglichkeiten zur dauerhaften Mitarbeit an der Weiterentwicklung dieser Leitlinien durch Bürgerinnen und Bürger geprüft werden (wie z.B. in der Stadt Münster durch den Beirat Bürgerhaushalt).

Begründung:
Kommunale Bürgerbeteiligung belebt die Demokratie und stärkt die Akzeptanz politischer Beschlüsse. Dafür bedarf es aber einer grundsätzlichen Verständigung darauf, dass die Einbeziehung von allen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern gewollt und ernst genommen wird.

Die Stadt Wuppertal hat in den vergangenen Monaten zu einer Vielzahl von Beteiligungsprojekten zu unterschiedlichen Themen (z. B. IKEA-Homepark, Erweiterung der City-Arkaden, Sperrung der B7, Haushaltsaufstellung 2014/15, Wuppertal 2025) aufgerufen. Die Zahl der Teilnehmenden lag jedoch regelmäßig weit unter den Erwartungen. Dabei liegt die mangelnde Bereitschaft zur Beteiligung nicht etwa an einem generellen Desinteresse der Bürgerinnen und Bürger, an wichtigen Entscheidungen zur Gestaltung ihres unmittelbaren Umfelds mitzuarbeiten.

Vielmehr ist es die Art der Umsetzung, die einem größeren Engagement im Weg steht. So ist oft nicht klar, in welcher Form die Vorschläge der Bürgerinnen und Bürger tatsächlich in die Politik in unserer Stadt einfließen (s. Bürgerbeteiligung an den Haushaltsberatungen, wo kein einziger Bürgervorschlag von den Mehrheitsfraktionen offensiv unterstützt und in den Rat eingebracht wurde). Bürger*innen, die ihre Zeit für die Beschäftigung mit kommunalpolitischen Fragestellungen aufbringen haben es verdient, dass ihre Vorschläge von der Politik ernstgenommen und nicht durch eine wenig begründete und ablehnende Stellungnahme der Verwaltung vom Tisch gefegt werden. Erfolgreiche Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger in die Gestaltungs- und Entscheidungsprozesse muss auf Augenhöhe erfolgen.

Bislang stellt Bürgerbeteiligung für die Verwaltungsspitze in Wuppertal ein Experiment dar, ohne dass die bereits vorhandenen Erfahrungen ausgewertet und weiterentwickelt wurden. Das wollen wir ändern.

Mit freundlichen Grüßen
Marc Schulz (Stadtverordneter)
Peter Vorsteher (Fraktionsvorsitzender)

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