Rede in der Ratssitzung am 27.06.2005
Herr Oberbürgermeister,
meine Damen und Herren,
die Reaktionen der Wuppertaler Bevölkerung auf das Thema Mittagsverpflegung an städtischen Ganztagsschulen hat uns vor Augen geführt, dass die Menschen in dieser Stadt eine klare Vorstellung davon haben, wie die Kommunalpolitischen Prioritäten gesetzt werden sollten.
Etliche Lesebriefe zu diesem Thema, Umfragen in den örtlichen Zeitungen und Unterschriftensammlungen haben uns Grüne darin bestärkt, weiterhin an unserer Position festzuhalten: vollständige Befreiung von den Kosten der Mittagsverpflegung für Kinder finanzschwacher Familien. Ich möchte ebenfalls allen Danken, die sich zu diesem Thema geäußert haben, wie dem Kinderschutzbund, dem Deutschen Jugendrotkreuz, der Interessengemeinschaft Wuppertaler Schulen mit Ganztagsbetrieb und den vielen Bürgerinnen und Bürgern, die bereits vor unserer heutigen Sitzung ihre Bereitschaft signalisiert haben, selbst mit anzupacken und entweder materiell oder durch eigenes Handeln etwas zur Lösung dieses Problems beizutragen.
Das alles ist wirklich ein herausragendes Zeugnis des bürgerschaftlichen Engagements in unserer Stadt. Und dennoch wird dieser Einsatz nicht ausreichen, um dauerhaft eine vollständige Befreiung zu erreichen. Deswegen haben wir gemeinsam mit den Fraktionen von SPD und WfW einen Antrag erarbeitet, der über das Spendenaufkommen hinausgehend die Stadt in die Verantwortung nimmt. Dieser Antrag sieht vor, dass bis zum 31.12.2006 die Entlastung über die Spenden finanziert wird, die von einem Förderverein Schulmittagessen, dessen Gründung am Mittwoch vorgenommen werden soll. Falls ein entstehender Förderverein nicht genug Geld für die Mittagsverpflegung einwirbt, wird die Restsumme durch die Stadt gewährleistet. Wir danken an dieser Stelle insbesondere der BV Elberfeld Stadtsparkasse Wuppertal, die mit ihren großzügigen Spenden schon jetzt die Finanzierung für das kommende Schulhalbjahr nahezu gesichert hat.
Ab dem 01.01.2006 wird dann der Zuschuss in voller Höhe bereitgestellt, der aus dem Haushalt der Stadt, ergänzt durch die Einnahmen des Fördervereins finanziert werden soll. Dass dies für den städtischen Haushalt eine weitere Belastung darstellt, dürfte jedem klar sein. Dass wir aber bei einem Nicht-Handeln die gesamtgesellschaftlichen Kosten nur auf die Zukunft verschieben ist ebenso klar und ein Verstoß gegen das Gebot der Nachhaltigkeit.
Was wir heute nicht finanzieren, verursacht morgen weit höhere Kosten. Des Weiteren darf nicht der Kern unserer Entscheidung vergessen werden. Kinder sind in diesem Kontext leider viel zu häufig betroffen von Entscheidungen, die sie selbst nicht beeinflussen können. So sieht das ALG II zwar finanzielle Ausgleichszahlungen für die Verpflegung von Kindern vor, aber leider sind diese allzu oft nicht diejenigen, bei denen dieses ankommt. Der aktuelle Kinder- und Jugendarmutsbericht – der übrigens parallel zur Wuppertaler Berichterstattung über die Mittagsverpflegung an Ganztagsschulen veröffentlicht wurde – hat den Finger in die Wunde gelegt.
Wir wollen darüber hinaus aber auch die Landesebene in die Pflicht nehmen. Es erscheint mir zwingend, daran zu erinnern, wer in erster Linie die Einführung von Ganztagsschulen vorangetrieben hat. Aus diesem Grund muss das Land seine Definition von freiwilligen und nicht-freiwilligen Leistungen überarbeiten, um den Kommunen die finanzielle Unterstützung finanzschwacher Familien zu ermöglichen. Zu dieser Neu-Definition fordern wir die Landesregierung mit unserem Antrag auf.
Meine Damen und Herren,
wir werden in dieser Sitzung ebenfalls eine Vorlage über die Kinderfreundlichkeit in unserer Stadt beraten. Jede Stadt legt Wert auf das Label „Kinderfreundlich“, aber dieses kann man nicht durch kluge Imagekampagnen gewinnen, man muss es sich durch Handeln verdienen. Dem Wohl unserer Kinder muss sich alles andere unterordnen.
Insofern bin ich erfreut darüber, dass offensichtlich alle Fraktionen hier im Rat zu der gleichen Auffassung gekommen sind.
Es war für uns Grüne, die wir weit im Vorfeld dieser Sitzung diesen Antrag initiiert haben, nicht immer leicht, alle Bedenken, vornehmlich aus der Verwaltung, aus dem Weg zu räumen. Dennoch bin ich davon überzeugt, dass sich das Geld nicht besser und effektiver anlegen ließe. Deswegen hoffe ich auf eine größtmögliche Zustimmung zu dem im Schulausschuss getroffenen Beschluss.
Ich danke ihnen.