Rat fasst Beschluss zum Verkauf des Carnaper Platzes

Der Rat hat in seiner Sitzung am 15.12.2014 nach dreistündiger Diskussion mit knapper Mehrheit den Verkauf des Carnaper Platzes an die WSW beschlossen. Hier meine Rede zum Nachlesen:

Herr Oberbürgermeister,

meine sehr geehrten Damen und Herren,

noch zu Beginn dieses Jahres hätte ich nicht geglaubt, dass der Verkauf des Carnaper Platzes in Wuppertal genug Interesse finden würde, um ein Bürgerbegehren realistisch erscheinen zu lassen. Wie Herr Dr. Slawig bin auch ich ein wenig erstaunt über die Dynamik, die das Thema entfaltet.

Die Initiative des Rotter Bürgervereins findet immer mehr Unterstützung und die Kritik an den Planungen nimmt auch aktuell immer weiter zu: bis hinein in den tiefsten Westen erhält der RBV Fürsprache von anderen Bürgervereinen und die Bezirksvertretung Barmen hat sich jetzt noch einmal gegen das Votum einer einzigen Fraktion mit deutlicher Mehrheit für den Erhalt des Platzes ausgesprochen.

Diejenigen, mit denen ich mich in den letzten Wochen unterhalten habe und die die Bebauung des Platzes befürworten, kann ich hingegen an einer Hand abzählen und dafür brauche ich noch nicht einmal alle Finger. Die Zahl derer, die sich für einen Erhalt der Fläche für Veranstaltungen und insbesondere für mittlere und große Zirkusse aussprechen, ist enorm. Und neben dem inhaltlichen gibt es auch noch eine übergeordnete Ebene, die ich in den Gesprächen immer wieder raushöre: Viele sind mit der Art, wie der Verkauf betrieben wurde einfach nicht einverstanden. Das kann auch der heute hier vorliegende Begleitantrag von CDU und SPD mit ein wenig Bürgerbeteiligung als Kosmetik nicht heilen.

Ich habe in den letzten Monaten so viele Ungereimtheiten und so viel Intransparenz erlebt, wie es mir in zehn Jahren im Stadtrat noch nicht begegnet ist. Ich möchte hier zum besseren Verständnis nur drei Beispiele benennen:

  • erstes Beispiel: im September des vergangenen Jahres wurde dieses Thema zum ersten Mal öffentlich in der BV Barmen beraten. Die Initiative hierzu ging von der BV selber aus. Dr. Slawig erläuterte, dass man derzeit noch in der Prüfung von Alternativen sei und deshalb noch keinen ausführlichen Sachstand abgegeben könne. Sobald des möglich sei, würde man die BV aber selbstständig informieren. Im November wurde dann abermals aus der BV heraus diskutiert, da ein Medienbericht den Eindruck erweckte, es gäbe bereits eine interne Entscheidung. Diesen Eindruck wies WSW-Vorstandsmitglied Wolfgang Herrenberg in der Dezember-Sitzung weit von sich. Man habe erste Vorübergingen angestellt und bislang noch nicht mit der Stadt in Gespräche eingetreten. Soweit die Informationspolitik der Stadt und der Stadtwerke. Tatsächlich ist den städtischen Unterlagen jedoch eindeutig zu entnehmen, dass die interne Entscheidung für den Verkauf des Carnaper Platzes an die WSW und die Neunutzung des Stadionnebenplatzes im November 2013 endgültig gefasst wurde. Die öffentlich vorgetragene offene Prüfung ist also ein Märchen gewesen. So viel zur Offenheit.
  • Zweites Beispiel: Mindestens zweimal habe ich von Dr. Slawig öffentlich gehört, dass der WSV mit der Neunutzung des Nebenplatzes einverstanden sei. Ein Anruf bei WSV-Vorstandsmitgliedern lässt auch dieses Kartenhaus einstürzen. Der Verein hat ein eigenes Nutzungskonzept vorgelegt und ist ganz und gar nicht mit der Planung der Stadt einverstanden. Speziell an Heimspieltagen kommt es zu Kollisionen, die sich nicht vermeiden lassen, so musste der WSV bereits ein Heimspiel wegen des Bauernmarktes verlegen. Wie sieht es erst aus, wenn die Mannschaft, was ich zumindest ehrlich hoffe, wieder höherklassig spielt gegen Mannschaften wie Uerdingen, Aachen oder Essen? Auch hier stelle ich mir Offenheit und Ehrlichkeit in der politischen Beratung anders vor.
  • Drittes Beispiel: Alternativplanungen der WSW. Immer wieder wurde von Stadt und WSW darauf hingewiesen, man habe alle möglichen Alternativen geprüft und keine andere Möglichkeit als die Bebauung des Carnaper Platzes gefunden. Wenn man allerdings etwas tiefer bohrt stellt man fest, dass dies nicht der Wahrheit entspricht. Alleine die Lösung auf dem westlichen Teil des eigenen Grundstücks, zur Carnaper Straße hin, wäre eine naheliegende Variante. Die Baukosten wären dies selben und das Grundstück gehört ohnehin schon den Stadtwerken. Die immer wieder gegen diese Variante gestellte Verlegung der Fernwäremleitungen, die unterhalb dieses Platzes verlaufen, wurde noch nicht einmal mit genauen Zahlen hinterlegt. Ob dies die Kaufsumme des Carnaper Platzes sowie seine dann erfolgende Instandsetzung wirklich übersteigt, ist für mich äußerst fraglich.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

bitte machen Sie sich bei der Abstimmung eines klar: wenn sie sich heute für den Verkauf des Carnaper Platzes aussprechen, dann wird es in unserer Stadt nie wieder große Zirkusveranstaltungen geben können, unwiederbringlich. Wuppertal ist eine Großstadt, eine Großstadt, die sich Familienfreundlichkeit auf die Fahnen geschrieben hat. Ich habe selber drei Kinder und ich weiß, dass Zirkusse auch heute noch eine große Faszination auf Kinder ausüben. Nie wieder Zirkus in dieser Stadt? Ist das wirklich ihr Wunsch? Wir haben hier in Wuppertal schon zu viele „Nie wieder“-Entscheidungen getroffen, Beschlüsse, mit denen Angebote unwiederbringlich aufgegeben wurde. Ich finde, wir sollten uns alle sehr genau überlegen, ob wir das wirklich verantworten können. Nicht nur mit Blick auf das hier und jetzt, sondern auch mit Blick auf die kommenden Jahrzehnte.

Dass es auch anders geht, hat man bei uns in der Vergangenheit aber auch bewiesen: nach dem Brand im Schwimmleistungszentrum Küllenhahn plante die Stadtverwaltung, dieses nicht wieder zu errichten. Daraufhin gab es einen großen Protest innerhalb der Bevölkerung und zwar weit über den Stadtteil Cronenberg hinaus. Der Initiator des damals geplanten Bürgerbegehrens sitzt heute hinter mir. Und tatsächlich war die Stadt klug genug, auf den Bürgerwillen zu hören und das Schwimmbad wieder zu eröffnen. So kann es auch laufen, sie wissen das, Herr Jung. Deshalb erstaunt mich, dass sie den derzeitigen Initiativen so wenig Verständnis entgegenbringen. Gerade sie sollten wissen, dass ein „Mit dem Kopf durch die Wand“ gegen den Willen der Bürgerinnen und Bürger keinen Sinn ergibt. Es wäre ihre große Chance gewesen, ihr Leitwort „Gemeinsam“ auch außerhalb des Wahlkampfes mit Leben zu füllen. Schade: Chance vertan!

Ich hoffe sehr, dass sich heute genug Stadtverordnete finden, um diese unwiederbringliche und falsche Entscheidung abzuwenden. Ich glaube fest daran, dass hier im Saal ausreichend Vernunft dafür vorhanden ist. Überlegen sie sich gut, ob sie wirklich bereit sind, in den nächsten drei Monaten erklären zu müssen, warum sie den Willen der großen Mehrheit in dieser Stadt ignoriert haben. Sollte sich der Rat heute allerdings gegen den Erhalt des Carnaper Platzes aussprechen, ist die Diskussion mitnichten beendet. Sie fängt dann heute erst richtig an.

Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit

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