Auswertung der Bürgerbeteiligung bei den Haushaltsplanberatungen

Kleine Anfrage an den Oberbürgermeister vom 12.09.2012 (Antwort erfolgte am 11.10.2012, Antworten als Zitate im Text)

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
am 23.05.2011 verabschiedete der Rat mit großer Mehrheit einen Antrag zur Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an den Haushaltsplanberatungen 2012 (VO/ 0461/11). Wenngleich die tatsächliche Ausführung dieses Ratsauftrages durch die Verwaltung nur noch wenig mit der ursprünglichen Intention gemein hatte und insgesamt in der Öffentlichkeit entweder gar keine oder kritische Reaktionen hervor rief, sollte der erste Versuch zur Durchführung eines solchen Verfahrens in Wuppertal nicht vollkommen folgenlos bleiben, sondern zur Verbesserung zukünftiger Bürgerbeteiligungsverfahren dienen. Daher ist eine zeitnahe und detaillierte Evaluation unverzichtbar und außerdem im oben genannten Ratsbeschluss als Forderung bereits enthalten:

„Nach der Verabschiedung des Haushaltsplanes 2012 / 2013 wird dem Ausschuss für Finanzen und Beteiligungssteuerung und gemeinsamen BA APH / KIJU ausführlich und schriftlich die zu erstellenden Evaluation des Beteiligungsverfahrens dargestellt. Nach der Auswertung und Beratung der Evaluation legt der Ausschuss dem Rat eine Beschlussempfehlung zum weiteren Umgang mit dem o. g. Beteiligungsverfahren vor.“

In einer Antwort vom 27. Juni 2012 auf ein Schreiben für das Internetportal www.tal-journal.net führen Sie außerdem Folgendes hinsichtlich der zeitlichen Planung zur Auswertung des Verfahrens aus:

„In diesem Sinne – und in Beantwortung Ihrer ersten Nachfrage – empfehle ich nun zunächst die Evaluation der für den Haushalt 2012/2013 und des Haushaltssicherungskonzeptes durchgeführten Beteiligungsverfahrens abzuwarten, die die Fachverwaltung nach der Sommerpause vorlegen wird und die dann auch intensiv diskutiert werden sollte, bevor weitere Schlüsse für das künftige Vorgehen gezogen werden können“.

Die präsentierte Vorlage VO/0624/12 „Bürgerbeteiligung bei den Haushaltsplanberatungen, hier: Evaluation der Wuppertaler Bürgerbeteiligung 2012/2013“ erfüllt diese Forderung in keiner Weise und ist daher ein wiederholter Versuch, den mit großer Mehrheit beschlossenen Ratsantrag zu ignorieren. Auch die Ankündigung, im nächsten Jahr eine Veranstaltung zu organisieren, entbindet die Verwaltung nicht von dem Auftrag, eine ausführliche schriftliche Auswertung des Verfahrens vorzunehmen. Daher bitten wir um Beantwortung folgender Fragen:

  • Welche grundsätzlichen Überlegungen lagen bei der Konzeption des Internet-Forums zugrunde? Warum wurde z.B. darauf verzichtet, eine Software, wie sie von der Solinger Verwaltung für den Bürgerhaushalt verwendet wurde (www.solingen-spart.de), zu verwenden?

Der Auftrag zur Einrichtung des Internet-Forums ergibt sich aus dem Beschluss des Rates vom 23.02.2011: Geeignete Beteiligungsmöglichkeiten werden von der Verwaltung auch online unterstützt angeboten (Drucksache Nr. VO/0461/11). Durch die Bereitstellung einer Plattform in der Form eines Forums sollten die Bürger auch online die Gelegenheit haben, den im Internet bereit gestellten Haushaltsplanentwurf sowie den Entwurf des Haushaltssanierungsplanes zu diskutieren. Damit wurde der Auftrag des Rates erfüllt. Bei der Plattform wurde auf bereits vorhandene und erprobte Technik zurückgegriffen, wodurch keine weiteren Kosten entstanden. Eine Verwendung externer und damit kostenpflichtiger Software war somit nicht notwendig. Diese zusätzlichen Kosten wären angesichts der Haushaltslage auch nicht zu vertreten und nicht zu rechtfertigen gewesen.

  • Hielt die Verwaltung die den Bürgerinnen und Bürgern auf der Homepage zur Verfügung gestellten Informationen für ausreichend, um eine angemessene Diskussion zu gewährleisten?

Auf der Homepage der Stadt wurden die Haushaltsreden des Oberbürgermeisters und des Kämmerers, der Haushaltsplanentwurf sowie der Entwurf des Haushaltssanierungsplans zur Verfügung gestellt. Dieses waren die maßgeblichen Informationen, die einen umfassenden Überblick über die finanzielle Lage der Stadt verschaffen.

  • Haben die am Internet-Forum Teilnehmenden eine Rückmeldung auf ihre Anregungen erhalten? Wenn ja, in welcher Form? Wenn nein, warum wurde das Engagement nicht gewürdigt?

Wie in der Drucksache Nr. VO/0981/11 erörtert, sollte die Diskussion der Bürger untereinander im Vordergrund stehen. Aufgabe der Verwaltung war es, die Plattform bereitzustellen und die administrative Dienstleistung zu erbringen. Am Ende der Beteiligungsphase hat die Verwaltung den registrierten Nutzern des Forums per Mail für ihr Engagement und ihre Beiträge gedankt.

  • Sieht die Stadtverwaltung der Zusammenfassung der Ergebnisse, die als Bericht zur Ratssitzung am 07.05.2012 eingebracht wurde, als ausreichend an, um die Vorschläge angemessen würdigen und in die Beratungen einbeziehen zu können?

Ja.

  • Zu wie vielen öffentlichen Haushaltsveranstaltungen wurde durch die Stadtverwaltung eingeladen? Wie wurde hierzu eingeladen?

Die Stadtverwaltung hat zu zwei großen öffentlichen, allen Bürgern zugänglichen, Diskussionsveranstaltungen eingeladen. Eine Veranstaltung fand in Elberfeld und eine in Barmen statt. Zu diesen Terminen wurde in der Westdeutschen Zeitung, bei Radio Wuppertal und in offiziellen Pressemitteilungen der Stadt eingeladen. Zudem hatten die Bürgerinnen und Bürger bei vielen Veranstaltungen bei Vereinen und Organisationen die Möglichkeit, sich zu diesem Thema zu informieren und zu diskutieren. Oberbürgermeister, Stadtkämmerer und der Leiter des Ressorts Finanzen haben in dieser Zeit über 30 Veranstaltungen zum Haushaltsplanentwurf bei interessierten Vereinen und Organisationen durchgeführt.

  • Wie viele Besucher kamen zu den von der Verwaltung organisierten Veranstaltungen?

Bei den beiden öffentlichen Veranstaltungen kamen 70 Besucher, im gesamten Zeitraum der Bürgerbeteiligung konnten bei diversen Veranstaltungen über 2.000 Bürgerinnen und Bürger erreicht werden.

  • Wie wurden die dort von den Bürgerinnen und Bürgern vorgetragenen Vorschläge dokumentiert? Welche Vorschläge zum Haushaltsplan wurden im Einzelnen gemacht?

Bei den beiden öffentlichen Veranstaltungen konnten die Besucher nach einem ausführlichen Vortrag des Stadtkämmerers die vorgestellten Maßnahmen diskutieren und eigene Vorschläge machen. Diskutiert wurden unter anderem die Ausweitung der Parkgebühren und die Anhebung der Gewerbesteuer. Wesentliche Ergebnisse sind auch dokumentiert worden.

  • Warum wurden die dort von den Bürgerinnen und Bürgern gemachten Vorschläge nicht den Mitgliedern des Stadtrates zur Einbeziehung in die Haushaltsplanberatungen vorgelegt?

Zahlreiche politische Vertreter haben an den öffentlichen Veranstaltungen teilgenommen.

  • Sieht die Verwaltung eine Fortführung des Beteiligungsverfahrens zur Haushaltsplanberatung als sinnvoll an? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, was muss angesichts der Kritik durch die Ratsfraktionen zukünftig geändert werden?

Zunächst ist eine Evaluation der Bürgerbeteiligung vorgesehen (s. auch Drucksache VO/0624/12). Die Verwaltung beabsichtigt daher, im Frühjahr 2013 einen offenen Workshop durchzuführen. In diesem Workshop soll eine ergebnisoffene Diskussion über die künftige Beteiligung von Bürgern im Zusammenhang mit den Haushaltsplanberatungen stattfinden. Dort können sich auch die Fraktionen einbringen.

  • Gab es, wie in anderen Städten bei Bürgerbeteiligungsverfahren üblich, Kooperationen mit örtlichen Medien, um verstärkt auf das Verfahren hinzuweisen? Wenn ja, in welcher Form. Wenn nein, warum nicht?

Die örtlichen Medien wurden durch die Pressestelle der Stadt informiert und einbezogen.

  • Wie kann bei zukünftigen Verfahren aus Sicht der Verwaltung die Teilnahme optimiert werden?

Die Beantwortung dieser Frage wird Gegenstand des Workshops im Frühjahr 2013 sein.

  • Wird die Verwaltung als Schlussfolgerung aus der unzureichenden öffentlichen Wahrnehmung zukünftig bei der Konzeption des Beteiligungsprozesses externe Hilfe bei der Organisation und Umsetzung des Verfahrens in Anspruch nehmen, wie es auch der ursprüngliche Ratsantrag vorsah?

Nachwievor ist die Verwaltung gerne bereit, bei der Organisation und Umsetzung einer Bürgerbeteiligung mit Dritten zu kooperieren. Jedoch ist die Verwaltung nicht dazu bereit, hohe Honorarkosten dafür aufzuwenden, während gleichzeitig massive Einsparungen bei den Leistungen der Stadt für die Bürger vorgenommen werden müssen. Daher ist es auch nicht zu einer Zusammenarbeit mit der Bergischen Universität gekommen, weil deren Honorarerwartungen vom Stadtkämmerer aus Gründen der politischen Glaubwürdigkeit nicht erfüllt werden konnten.

Mit freundlichen Grüßen
Marc Schulz

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